Geschichte der Fechtabteilung

Gründerzeit
1847 kam es zur Gründung des Turnvereins Wetzlar und 32 Jahre später,

1879, auf Initiative des damaligen Turnwarts, Fritz Engel, die erste Fechtschule.

1896 wurde sie in eine eigenständige Fechtriege umgewandelt, die bis zu ihrer Auflösung mit Beginn des 1. Weltkrieg bestand hatte.

1920 kam es zur Neubildung der Fechtabteilung. Mit dem damals benannten Abteilungsleiter Herrn Baum, sind Hugo Wedekind, Lohrengel und Bangel überlieferte Namen.

1925 wird Karl Mulch Abteilungsvorstand. Gemeinsam mit Hans Mulch, Arthur Seibert und Robert Schauß beginnt eine Zeit reger Vereinsaktivität. Seit dieser Zeit ist der Name der Familie Mulch mit dem Wetzlarer Fechtsport fest verbunden.

Erstmals fochten Frauen im TV Wetzlar. Die erste Damenfechtriege auf Initiative von Frau Dr. Hanny Pfeiffer und M. Türk gegründet, brachte den Fechtsport weiter voran. Dr. Hanny Pfeiffer ist die bekannte Wetzlarer Kulturhistorikerin. Auf ihren Namen stößt man an vielen Orten in Wetzlar. So auch im Industriemuseum.

Die späten zwanziger Jahre mit ihren wirtschaftlichen und politischen Vorahnungen prägten den Fechtsport in Wetzlar. Die Vereinskasse konnte keinen Fechtmeister finanzieren. So lehrte man die Fechtlektionen nach dem Lehrbuch des italienischen Altmeisters Cavaliere Arturo Gazerra. Dieser unterwies um 1899 in Offenbach die Fechtsportler. Neben den universitären und französischen Fechtschulen, war die Prägung des Stils der Wetzlar Fechter nach italienischer Fechttradition ausgebildet. Dieser bevorzugte die bewegliche Mensur, die Gefechte wesentlich dynamischer erscheinen ließ.
Verbot und Aufbaujahre
1945 Nach der Kapitulation Deutschlands verboten die Alliierten die Ausübung des Fechtsports. Der alliierte Kontrollrat hatte in der Direktive 23 im Dezember 1945 die Ausübung des Fechtsports als paramilitärische Übung untersagt.

1949 wurde das Verbot aufgehoben. Fechter, die bis dahin ihrem Sport illegal im „Geheimen“ in Kellern und abgelegenen Orten nachgingen, konnten wieder offiziell aktiv werden. Der Fechtbetrieb in Wetzlar wurde unter der Initiative von Karl Mulch wieder aufgenommen. Die Fechtabteilung zählt 50 Mitglieder, die Zahlen stiegen stetig, ebenso die Erfolge. Auch im Sport hinterließen die Aufbaujahre ihre Wirkung. Karl Hans Mulch qualifizierte sich in den folgenden Jahren mehrfach für die Teilnahme an den Deutschen Junioren Meisterschaften.

1952 richtete die Fechtabteilung des TV Wetzlar erstmals eine Deutsche Meisterschaft aus.

1955 die Fechtabteilung des TV Wetzlar feiert das 75jährige Bestehen mit einem Drei-Städte-Wettkampf zwischen Iserlohn, Offenbach und Wetzlar. Karl Mulch erhält die silberne Ehrennadel des Hessischen Fechterverbandes. Auf den Hessischen Meisterschaften belegen die Fechtdamen den 4. Platz und erstmals ist mit Christa Rick (später Bauer) eine Wetzlarer Fechterin bei den Deutschen Friesenmeisterschaften auf Platz 2.

1957 Der TV Wetzlar feiert sein 110jähriges Jubiläum. Die Fechtabteilung zählt 40 Mitglieder.
Nationalsozialismus
1932 wurde mit erheblichem finanziellen Aufwand der erste eigene Fechtmeister aus Frankfurt unter Vertrag genommen. Mit Carbow, der für weitere hessen-nassauische Vereine tätig war, erhielten die Wetzlarer Fechter eine professionelle Ausbildung. Erste Erfolge zeichneten sich ab. Hans Mulch gelang in der Folgezeit mehrfach die Qualifikation zu den Deutschen Meisterschaften. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten machten diese auch nicht vor dem Fechtsport halt.

1934 gründete die NSDAP den „Deutschen Reichsbund für Leibesübungen“, dem alle bis dahin existierenden Turn- und Sportvereine unmittelbar angehörten. Diese Zwangsmitgliedschaft erfasste auch die Fechter. Der Fachverband für Fechten wurde im Rahmen der Gleichschaltung sportlicher Organisationen in das Fachamt 8 "Fechten" überführt, was das Ende der Selbstständigkeit der Fechter im Deutschen Reich darstellte. Fechten wurde Wehrsport, Nicht-Arische Mitglieder ausgeschlossen und um ihre Erfolge gebracht. Die Fechtabteilungen wurden von SA und SS durchsetzt. Wie viele andere Vereine verlor auch Wetzlar in Folge der politischen Veränderungen im Nationalsozialismus Mitglieder. Der Zweite Weltkrieg wurde zur Zäsur für den Fechtsport. Aktive Fechter wurden zum Kriegsdienst eingezogen. Viele kehrten nicht mehr zurück. Genaue Zahlen sich nicht dokumentiert.

1944 Bis zur Zerstörung der Turnhalle findet das Training statt. Es war politischer Wille der Machthaber, dass der Fechtbetrieb in den Kriegsjahren kaum Einschränkung erfuhr.
Die 60er Jahre
1960 Der Frankfurter Fechtmeister Angelini trainiert die Wetzlarer Fechter. Christa Rick gewinnt die Deutsche Meisterschaft im Friesenwettkampf.

1964 übernimmt Karl Hans Mulch die Abteilungsleitung von Fred Langer. Zusätzlich ist er Gaufechtwart im Lahn-Dill Gau.

1966 Waldemar Rau übernimmt von Karl Hans Mulch die Abteilungsleitung.

1967 Die Fechtabteilung zählt 20 Aktive und 30 Passive Mitglieder. Eine Fechtausrüstung kostet 300 DM, einem durchschnittlichen Monatslohn. Mit heutiger Kaufkraft bewertet entspricht das einem Betrag von 530 €. Ein Kilo Brot kostete 1,15 DM (2,02 €), ein Kilo Butter 7,80 DM (13,72 €) auf Basis 2014. (ermittelt mit Währungsäquivalenten des Jahrs 1967 auf Basis DM).
Karl Hans Mulch wird Übungsleiter, nachdem der italienische Diplom-Fechtmeister Angelini nicht mehr bezahlt werden konnte. Der Kauf von Waffen und einer elektrischen Trefferanzeige riss ein tiefes Loch in die Vereinskasse. Trainiert wird zweimal in der Woche.

1968 Karl Hans Mulch wird vom Hessischen Fechterverband zum Bezirksfechtwart für den Bezirk Gießen gewählt.

1969 Günter Jost wird Abteilungsleiter. Viele der noch heute aktiven Fechter erlernten von ihm ihre ersten Schritte und Klingenbewegungen.
Die 70er Jahre
1973 Karl Hans Mulch und seine Frau Helga übernehmen die Abteilungsleitung. 20 Jahre werden sie dieses Amt ausüben.

1974 Eckart Delingat veröffentlicht in TV Aktuell erstmals einen Artikel über das Sportfechten. In den Folgejahren wird er zum Chronisten der Fechtabteilung. Training, einmal wöchentlich.

1975 Helga und Karl Hans Mulch absolvieren einen vom Hessischen Landesverband der Fechter angebotenen Übungsleiterkurs. Damit kann die Ausbildung des Fechtnachwuchses auf eine breitere Basis gestellt werden. Neben Grundlagen des Fechtsports, werden auch didaktische Grundsätze vermittelt. Die Fechtabteilung trainiert nun zweimal wöchentlich.

1977 Gisela Kneissl wird Hessische Meisterin der Senioren in der Altersklasse III; Helga Mulch wurde Dritte in der Altersklasse I.

1978 Die Hessischen Seniorenmeisterschaften werden in Wetzlar ausgerichtet. Nach einem Umbau in der alten TV Sporthalle standen nun zwei markierte, elektrifizierte Bahnen zur Verfügung. Damit konnte wettkampnah gefochten werden.

1979 Die Abteilung feiert ihr 100jähriges Jubiläum mit einem Florett Turnier für gemischte Mannschaften. Die Jugendarbeit der Fechtabteilung zahlt sich aus. André Trommershäuser wird Hessischer Vizemeister im Herrenflorett der B-Jugend. Weitere Ehrungen: Karl Hans Mulch erhält die Silberne, Helga Mulch und Günter Jost erhalten die Bronzene Ehrennadel des Hessischen Fechtverbandes.
Die 80er Jahre
1980 Die Fechtabteilung plant wieder einen Fechtmeister zu verpflichten.

1981 In Wetzlar werden erneut die Hessischen Seniorenmeisterschaften ausgerichtet. 59 Fechterinnen und Fechter kämpfen in der TV Halle um Titel.
Sylvester Krolikowski, mehrfacher Olympiateilnehmer und Vizemeister aus Polen und Säbel-Spezialist, wird von der Fechtabteilung als Fechtmeister zu Jahresbeginn unter Vertrag genommen. Mit einem Abteilungsbeitrag in Höhe von 10 DM/monatlich je Mitglied konnte das finanziert werden. (in 2014 ca. 15 €). Aus privaten Gründen kehrte Krolikowski jedoch gegen Jahresende wieder nach Polen zurück. In Polen herrschte Kriegsrecht. Die Gewerkschaft Solidarnosc forderte die Zulassung freier Gewerkschaften, die Freilassung politischer Oppositioneller aus den Gefängnissen und forderte damit das Machtmonopol der kommunistischen Staatsführung heraus.

1982 Nach Weggang des Fechtmeisters Krolikowski ließ die Motivation gerade unter den jugendlichen Fechtern nach. Die Fechtabteilung zählt 30 Aktive. Der Platz in der Fechthalle reicht oft nicht aus.

1983 Der Diplom-Fechtmeister Erwin Smiszek aus Katowice/Polen beginnt ab Mai als Fechtmeister. (In 2014 trainiert Smiszek den Fechtnachwuchs in allen Waffen beim Darmstädter FC).
Wetzlar gewinnt den Deutschland-Pokal gegen Gießen.

1985 Das Böse-Buben Turnier in Langen wird erstmals auch im Damenflorett ausgefochten. Monika Jost gewinnt ohne Niederlage.

1986 Erstmals wird die in der Eichendorff-Schule speziell zur Ausrichtung von Fechtturnieren neu installierte Anlage bei den Hessischen A-Jugend Meisterschaften genutzt. Neue Wege auch bei der Mitgliederwerbung. Fechten wird in Schulen live vorgeführt.

1988 Die Fechtabteilung organisiert das erste Er und Sie Turnier „Johann und Charlotte“. In Anlehnung an die Liebschaft zwischen Johann Wolfgang von Goethe und Charlotte Buff.
Eingeladen werden Mannschaften aus ganz Deutschland, bestehend aus einer Florettfechterin und einem Degenfechter. Erster Freizeitaufenthalt der Fechter in der Greifensteiner Hütte des TV Wetzlar wird zum Beginn einer geliebten Tradition.

1989 Das zweite „Johann und Charlotte“ Turnier wird ein voller Erfolg. 21 Mannschaften bestreiten 420 Gefechte in der Wetzlarer TV Halle. Die Jubilarin Gisela Kneissl, über 30 Jahre in der Fechtabteilung aktiv, wird 70.
Die 90er Jahre
1990 Wetzlar ist Austragungsort der Hessischen A-Jugend Meisterschaft

1991 Thomas Prellwitz(heute Rechtsanwalt) und Bettina Streier Ernährungswissenschaftlerin und Geschäftsführerin des Body Projekt GmbH in Gießen), finden über den Gießener Uni-Fechtsport nach Wetzlar. Viele Wetzlarer Fechter nutzten die Übungszeiten der Uni-Fechter zusätzlich zum Wetzlarer Angebot. Wolfgang Grindl (heute Schriftwart beim USC-München) und Christian Zahner (heute Architekt) waren als Übungsleiter in Gießen tätig. Noch heute prägen rege Turnierbesuche und die Verbundenheit zur Uni Gießen das Vereinsleben.

Nachhaltige Erfolge: Bei der Deutschen Hochschulmeisterschaft im Damendegen sind in der Siegermannschaft zwei Wetzlarer Fechterinnen. Beim Deutschlandpokal kommt die Wetzlarer Damendegenmannschaft unter die besten 16 Teams des wiedervereinigten Deutschlands.

1993 Helga Mulch erkrankt schwer. Karl Hans Mulch gibt nach über 22 Jahren das Amt des Abteilungsleiters an Dirk Petersen weiter. Viele Fechter unterstützen Petersen dabei die Arbeit, die zuvor in den Händen des Ehepaars Mulch lag, zu bewältigen. Zu nennen sind: Klaus Balthes, Harald Händel, Susanne Hauf, Kathleen Neu, Jens Peters, Ralf Steinmüller, Christian und Daniel Zahner.

1994 Am 18. Februar stirbt nach langer Krankheit Helga Mulch. Ihre Arbeit und ihr Einsatz für die Fechtabteilung des TV Wetzlar können nicht aufgewogen werden. Der Fechtsport in Wetzlar war drei Jahrzehnte fest mit dem Namen Helga und Karl-Hans Mulch verbunden.

1995 Christian Zahner übernimmt das Amt des Abteilungsleiters. Mit Marcel Lehmann qualifiziert sich erstmals ein Jugend-Fechter des TV Wetzlar für die Deutschen Meisterschaften.

1996 Marcel Lehmann und Paul Düsterhöft qualifizieren sich for die Deutsche Meisterschaft der B-Jugend im Säbel. Johannes Streitzig belegt den 3. Platz bei den Hessischen Meisterschaften der Schüler im Säbelfechten.

Der Fechtsport in Wetzlar war drei Jahrzehnte fest mit dem Namen Helga und Karl-Hans Mulch verbunden. Noch heute prägen rege Turnierbesuche und die Verbundenheit zur Uni Gießen das Vereinsleben.
Das 21. Jahrundert
Auszüge Artikel über die Fechtabeilung aus TV Aktuell Ausgabe 01 2022
2022 Laudatio I. Peter Eifler
Es gibt große, es gibt kleine Dynastien.

Und es gibt Dynastien, deren Reichtum nicht auf Geld oder Macht begründet ist, sondern auf Talent und Fleiß.

Sprechen wir von der Familie Eifler und ganz besonders von Peter Eifler.

Dem jüngsten Sproß, Larissa Eifler gelang in dieser Fechtsaison 2022 der Sprung in den Olymp der Fechterinnen, indem sie die Goldmedallie im Säbelturnier der U 23 in Tallinn gewann und Europameisterin wurde.

Kira Eifler, Larissa Eiflers Cousine, war langjährig erfolgreiche Kaderfechterin im Bundeskader. Ihr Vater, Ulrich Eifler, ist erfolgreicher Trainer und Sportlehrer am Leistungszentrum Tauberbischofsheim und:

Peter Eifler, charismatischer Trainer, Coach, Obmann, im Säbelfechten, erhielt neben vielen anderen Erfolgen und Ehrungen rund um seine Aktivitäten im Säbelfechten nun auch anlässlich der Deutschen Meisterschaften im Säbelfechten in Dormagen, die Ehrung für seine Kampfrichtertätigkeit abschließend zur Saison 2021/2022.

Mit einem Wermutstropfen: Kampfrichter, die das 60. Lebensjahr überschritten haben, dürfen nun nicht mehr die Wettkämpfe jurieren.

Nichtsdestotrotz steht Peter Eifler nunmehr über 15 Jahre als Trainer der Fechtabteilung des TV-Wetzlar unermüdlich dreimal wöchentlich auf der Planche und trainiert den Nachwuchs und die Aktiven sowie Veteranen im Säbel- und Degenfechten. Er bereitet die Fechter sowohl technisch als auch mental auf kleine und große Wettkämpfe vor und sichert so nachhaltig den Erfolg der Fechtabteilung, die mit über 30 Aktiven zu den größeren Fechtvereinen in Hessen zählt.

1971, im Alter von 10 Jahren, begann er mit dem Fechtsport und löste damit die Fechtwelle in der Familie aus, wie die Gießener Allgemeine im Jahr 2013 in einem Artikel über die beiden Eifler Töchter Larissa und Kira, schrieb.
1977 wurde der er bereits Deutscher Meister im Säbel in der Schülerklasse. Es folgten zahlreiche Einsätze in der Junioren Nationalmannschaft und viele weitere Titel. Zuletzt konnte er sich nach der Silbermedaille 2005 in der Senioren Europameisterschaft auch -nach 16 ungeschlagenen Gefechten- den Titel als Deutscher Meister der Senioren sichern. 1987 begann seine Laufbahn als Trainer und später folgten darunter 15 Jahre Leitung des Fechtstützpunktes Alsfeld.

Präzise sind die Anweisungen von Peter Eifler in den Trainingseinheiten, streng seine Erwartungen und für jeden eine Herausforderung. Er fordert, aber er gibt auch viel. Lässt die Konzentration und Kondition schon etwas nach, motiviert er individuell und wertschätzend, aber manchmal auch mit etwas Nachdruck, noch die abschließende Übung konzentriert durchzuhalten.

Zitieren wir kurz seine Tochter Larissa, die im Interview der Gießener Allgemeine 2013 äußerte: „»Teilweise richtig anstrengend«, …. »Weil er immer so ein strenges Auge auf mich wirft. Wenn ich mal ein bisschen nachlasse, kommt er und ermahnt mich. ... Er will eben, dass ich konzentriert trainiere«“. Und Peter Eifler ergänzte damals: „Disziplin, Koordination und Konzentration sind enorm wichtig.« … Die psychologische Rolle ist von enormer Bedeutung. »Das ist manchmal sogar Nervenkrieg«.“ Diese Äußerungen von Larissa und Peter Eifler, können wir Fechtschüler- und schülerinnen nur bestätigen.

Nervenkriege erleben wir während des Fechttrainings nicht. Dafür ist die Halle vom Klirren der Säbel und Degen, der Rufe von Fechtern, wenn ein Treffer sitzt und Peter Eiflers Aufrufe zur Lektion erfüllt.

Die Fechtabteilung des TV-Wetzlar beglückwünscht Peter Eifler zu dieser langen Laufbahn und wünscht, dass er nun eine ebenso lange Zeit als Trainer und Kamerad zur Verfügung steht.

2022 Laudatio II. Romuald Strähler
In Breslau vor 86 Jahren geboren, in einer Zeit, die schreckliches hervorbrachte. Die eine Kindheit erleben ließ, die Zerstörung und Aufbau zugleich zeigte. Vieles von den Menschen forderte, aber auch die Grundlage dafür bildete, Gutes entstehen zu lassen.
Versetzen wir uns kurz in die Erlebniswelt eines Menschen, den diese Zeit prägte.
Ein Sport musste es für diesen Menschen sein und so kam er über den Fußball über einen kleinen Umweg, als Begleiter eines Freundes, um sich es mal anzuschauen, zur der Sportart, die er heute noch mit großer Leidenschaft ausübt. Damals jedoch haftete dieser Sportart der diskrete Charme des Elitesports an. Zugang fand man nur über akademische Kreise. Wer nicht studierte, durfte nicht dabei sein. Jedoch unser Laureat nahm die Herausforderung an und überwand die Hürde des Standesdünkels der damaligen Zeit. Es begann mit dem Florett und später hielt seine Hand den Degen.
Die Berufsausbildung in den frühen 50ern brachte ihn in eines der führenden Konfektionshäuser, deren gestalterisches Erscheinungsbild er mitprägte. Eine berufliche Einladung in die Hochburg der Modewelt, Italien, schlug er, sich der Liebe verpflichtend, aus.
Als stattlicher, sportlicher junger Mann war er lange als Model gefragt. Seiner Treue und Bodenständigkeit geschuldet, verzichtete er auch hier auf eine kleine Karriere auf dem Laufsteg.
Beruflich und sportlich war er fest im Sattel und auf der Planche zeigten sich erste Erfolge, die ihn oft auf das Siegertreppchen nationaler und internationaler Fechtwettkämpfe bis hin zur Hessischen Meisterschaft mit dem 1. Platz führten.
Die schönste sportliche Zeit, so ist es überliefert, erlebte er in Trier. Hier kam er zum Degen. Die Stadt war damals Garnisonsstadt des französischen Militärs und so auch quasi ein Mekka für Fechter. Die Perfektion, wie das beim Militär manchmal ist, sorgte dafür, dass selbst die Sportwaffen, die man defekt im Trainingsraum stehen ließ, über Nacht repariert wurden. In dieser aktiven Zeit, gab es noch keine elektronischen Melder, die den Treffer anzeigten. Gefochten wurde auf mit Noppen besetzen Sportschuhen. Es gab vier Kampfrichter, die mit Argusaugen dem Geschehen auf der Planche folgten und unser Sportkamerad setzte oft seine spezielle Taktik, den schnellen, überraschenden aus der Parade kommenden Fléche an, um den Siegestreffer seinem Gegner zu verpassen.
Seine Leidenschaft fürs Fechten führte ihn zu Beginn nach Northeim, dann Trier; auch mal nach Kiel und Hamburg nur für das Fechttraining allein. Und einige Jahre focht er für den Fechtclub Köln, mit dem er sogar bis nach Tunis zum Wettbewerb reiste.
Nicht nur im Fechten technisch, sondern auch im ausgehübten kaufmännischen und handwerklichen Beruf, war und ist er auch heute noch ein Mensch mit vielseitigen Talenten.
Bereits als Pensionär nach einem erfüllten Berufsleben, war seine Fähigkeit mit Farbe, Form und Gestalt um zu gehen eine gerne gefragte Beschäftigung. Sein wertschätzender Charakter, seine Freude an Kommunikation und seine positive Ausstrahlung, waren perfekt für die Vertriebstätigkeit für die Wetzlarer Neue Zeitung. Er kennt sich aus mit dem grafischen Beruf. Das Handwerk, von der Pieke auf gelernt, kam dem TV-Wetzlar ebenso viele Jahrzehnte zu Gute. Hier mögen sich eine unzählige Zahl an Sportlerinnen und Sportler sicherlich daran erinnern und einige habe dies bestimmt auch in gerahmter Form täglich vor Augen: die vor nicht allzu langer Zeit kaligrafisch geschriebenen und künstlerisch gestalteten Siegesurkunden des TV-Wetzlar stammen aus seiner Hand.


Sein langjähriges Engagement bestand nicht nur auf der sportlichen Ebene auf der Fechtbahn, sondern, und das ist ebenso ein bewundernswertes Merkmal, auch in ehrenamtlichen Pflichten u.a. als Delegierter des TV-Wetzlar im Sportkreis.
Während andere dieser respektvollen Altersklasse sich bereits wohlverdient zur Ruhe setzen, gilt dies für ihn nicht. Mit Leidenschaft, Fröhlichkeit, wertschätzend, diszipliniert, steht er als feste Institution regelmäßig im Training auf der Fechtbahn. Er ist für Jung und Alt ein Leitbild. Er hat ein offenes Ohr und Auge für und auf jeden, der mit ihm Trainingseinheiten durchführt. Er kann mit einer besonderen geduldigen und herzlichen Art Fehlerkritik beim Fechteleven üben, die sich einprägt und so vielen Fechterinnen und Fechter unserer Abteilung auf der Planche den Siegestreffer einbrachte.
Wenn man der Bedeutung des Fechtens im Besonderen, des Sports im Allgemeinen für die Fitness im Alter nachkommt, so zeigt dies auch die Dynamik, die diese Sportart auch dem Seniorensport bietet. Kondition, Reaktion, Konzentration sind wichtige Faktoren, um auch im sogenannten „Alter“ fit zu bleiben, um auch jüngeren Sportlern im Wettkampf entgegenzutreten
Es ist nicht nur eine sportliche, sondern auch eine persönliche Ehre unserem Kameraden Romuald Strähler, unsere ganz besondere Wertschätzung mit dieser Auszeichnung zu würdigen.
Mit den Worten des jungen Säbelfechters, Jonas Wagner, möchten wir dir einen kleinen Wunsch von uns an dich herantragen: „Du musst Abwehr, Mittelfeld und Angriff in einem sein.“ So möchten wir weiterhin von dir Lektionen erhalten und dich in unserer Mitte wissen.
Lieber Romuald, unser Dank, unsere Wertschätzung gebührt heute alleine dir!

(Martin Zieher, 13.07.22)
Laudatio anlässlich Sportlerehrung TV-Wetzlar 17.07.22
2022 Laudatio III. Das Jubiläumsjahr des TV Wetzlar
Was hat Boxen, Geometrie und Schach eigentlich mit Fechten zu tun?
Fechtsport im Jubiläumsjahr des TV Wetzlar
Fechtende sind schon ein seltsames Völkchen. Nicht nur sind wir ganz selten im Freien, auf einer Laufbahn im Stadion, auf einem Sportplatz oder auf Radwegen anzutreffen und doch gibt es uns. Allerdings, wer uns bei der Ausübung unseres Sports zuschauen will, muss unsere Turnierkalender beim Deutschen Fechterbund, dem Hessischen Fechterbund oder auf fencing.ophardt.online/de/calendar verfolgen und zur Fechthalle fahren. Oder aber natürlich zu unseren Trainingszeiten in der Halle vorbeischauen.
Gemessen an der Gesamtbevölkerung Deutschlands von 83 Mio. Menschen nehmen wir mit unseren fechtenden Mitgliedern gerade mal einen schwindend geringen Anteil von 22.000 Fechterinnen und Fechtern ein. Im Vergleich dazu: dem Fußballsport gehen 7,2 Mio. Menschen nach. Diese Zahlen lassen den Begriff „Fechten = eine Nischensportart im Breitensport“ dramatisch wirken. Und tatsächlich. Waren im Deutschen Fechterbund im Jahr 2013 noch 25.000 Fechtende gemeldet, sank die Zahl kontinuierlich auf den heutigen Wert. (Quelle: Statista GmbH, Hamburg)
Über unsere Fechtabteilung im TV-Wetzlar können wir glücklich sein. Haben wir doch in allen Jahren, trotz des coronabedingten Lockdown, relativ stabile Mitgliederzahlen verzeichnet.
Aktuell haben wir 53 Mitglieder, von denen 45 regelmäßig auf der Planche im Wettbewerb stehen. . 35% davon sind Fechterinnen. Das Durchschnittsalter der Fechtabteilung liegt derzeit bei 28,9 Jahren; eine sehr ausgewogene Altersstruktur. Zeigt es doch, dass wir in allen Wettkampfklassen aufgestellt sind. Unser jüngstes aktives Mitglied ist Jahrgang 2013, unser ältestes Jahrgang 1937.
Fast paritätisch verteilt sind bei uns die Anteile der Fechter im Degen zu Säbel. Nahezu 30 Turniere wurden bisher in diesem Jahr gefochten. Von regionalen Turnieren, wie dem Pulheimer Haudegenturnier, bei dem der Turniererfolg gleichrangig zum geselligen Beisammensein am vom Ausrichter organisierten Büfett „dem Haudegen“ steht, bis zu wichtigen internationalen Ranglisten und Pokalturnieren. Unsere Aktiven Fechter waren in allen Altersklassen auf dem gemeinsam mit dem Hessischen Fechterbund ausgerichteten Hessischen Ranglistenturnier in Wetzlar gemeldet und konnten den heimischen Titel des Hessenmeisters und Vize-Hessemeister erfechten. Weitere Turniere fanden quer durch die Republik und über die Landesgrenzen hinweg bis nach Österreich, Serbien, Slowakei und sogar nach Dubai statt.
Unsere Fechter legten dabei eine enorme räumliche Entfernung zurück, um ihren Sport auszuüben. Nicht nur die An- und Abfahrten zum Turnierort. Rechnet man alleine die Bewegungsabläufe auf der 14 Meter langen Planche, die jeweils hälftig von den Fechtern genutzt wird, kommt sicherlich gefühlt die Strecke Erde-Mond zusammen.
Allein das Trainingslager der Fechtabteilung in Österreich ist bereits schon wie Schritte auf dem Weg zum Mond zu werten. Wurden dort mit der teilnehmenden Fechterjugend unter Begleitung von Coach Peter Eifler und Coach-Assistentenhund Spencer nicht nur wichtige Taktiken und Turniersituationen eingeübt, sondern es galt auch den einen oder anderen Gipfel im Lechtal zu erstürmen. (Auch im Fechtschritt).
Traditionell in den Herbstferien geht es dazu noch ins Trainingslager, der Kaderschmiede für Fechter, nach Tauber-Bischofsheim. Ein jährliches „Muss“ für die Fechterjugend im Degen und Säbel.
Man beachte: Fechterinnen und Fechter sind nicht nur ehrgeizig und engagiert im Training. Auch die Gemeinschaft kommt nicht zu kurz. Fechten haftet nun nicht gerade der Ruf einer Mannschaftssportart an. Umso wichtiger und herausragender ist das Engagement aller Beteiligten zu werten, die dies ermöglichen.
Damit dies auch im Training klappt, die Interessen und Anregungen der Sportjugend auch bei den „Alten“ Gehör findet, hat die Fechtabteilung erstmals in ihrer Geschichte eine Jugendvertretung gewählt.
So sind nun die Bedürfnisse und Interessen der jungen Fechterinnen und Fechter in die fachkompetenten Hände von Melissa Goode und Bjarne Feiler für die Schüler gelegt. Um die Belange der etwas älteren Fechtjugend kümmert sich Hendrik Ess. Die Aufgaben der Jugendwarte ist es, den Abteilungsvorstand bei der Erfüllung seiner Aufgaben mit Rat und Tat zu unterstützen. Ansprechpartner für die Kinder und Jugendlichen zu sein, dabei zu helfen, die Jugendarbeit zu koordinieren und auch Sprachrohr für die Nachwuchsförderung und –gewinnung zu sein.
Dabei unterstützen sie auch die Assistenztrainerinnen und –trainer bei ihren Aufgaben. An dieser Stelle sind die C-Trainer Charlotte Heubel, Jonas Wagner und Niklas Löll zu nennen. Ein eingespieltes Team, dass Trainer Peter Eifler wertvolle Unterstützung im Training leistet. Und wir stellen uns in der Trainingsleistung zukünftig noch breiter auf. Derzeit werden mit Josie Reinhardt, Leonardo Castillo-Braun, Hendrik Ess, Lukas Heering und Linus Rücker Traineranwärter ausgebildet. Bereits jetzt ist der Ausbildungsstand der Anwärterin und Anwärter soweit fortgeschritten, dass unter Aufsicht der erfahrenen C-Trainer, die Verantwortung für Übungen wie Mensur, Waffenhandhabung, Taktik, aber auch das obligatorische Aufwärmtraining auf mehreren Schultern lastet. Dies kommt der Turnierleistung sicherlich auch zukünftig entgegen.
In den Ranglistenpositionen des Deutschen und Hessischen Fechterbundes sind wir in fast allen Altersklassen vertreten. 1. Plätze sicherten sich im Säbel Charlotte Heubel, Maximilian Hofmann, Samuel Schiller; Samuel steht sogar in beiden Ranglisten der U13 auf Platz 1.
Auf Platz 2. der Hessischen folgen Jonas Wagner, Luca Schmied, Hendrik Ess, und den 3. Platz nehmen auf dieser Rangliste Coco Caprice Marx, Niklas Löll und Samuel Schiller ein. (Jeweils in ihren Altersklassen).
Viele Erfolge sind dieses Jahr von unseren jungen Fechtern erreicht worden. Allein die Positionen auf den Ranglisten sprechen für sich. Erwähnt werden müssen, last-but-not least, die größten Erfolge in 2022 mit dem 30 Platz von Jann Rouven Schmidt bei der WM der U 17 in Dubai im Degen und der 6. Platz von Samuel Schiller im Säbel bei der DM der U 13 in Dormagen. So sei es aber bitte mit Nachsicht zu sehen, dass nicht alle mit ihren Positionen namentlich erwähnt werden können. Jede und jeder hat ihre persönliche Leistung in diesem Fechtjahr gebracht und der Stolz und Dank der Fechtabteilung gilt allen.
Weitere kleinere „Großereignisse“ in diesem Jahr waren sicherlich der Besuch von Larissa Eifler, der amtierenden Europameisterin im Säbel, Tochter von Peter Eifler. Larissa ließ es sich nicht nehmen, eine Trainingseinheit mit der Fechtjugend zu absolvieren. Fröhlich, sympathisch, geduldig und engagiert führte sie die Gruppen durch das Training, lektionierte und war anschließende Ratgeberin bei dem einen oder anderen Gefecht. Leider nur zu selten sind diese Augenblicke, aber für das kommende Jahr sicherlich nicht ausgeschlossen. Sie kommt wieder, keine Frage!
Ein anderes Hightlight war die Beteiligung an den Ferienspielen während der Sommerzeit in Hüttenberg. Diese Veranstaltung wurde von den ebenso fröhlichen, sympathischen, geduldigen und engagierten Fechterinnen Charlotte Heubel im Säbel und Josie Reinhardt im Degen begleitet. Tatkräftig und organisatorisch unterstützt wurde dies von Markus Reinhardt. Teilgenommen haben 15 Jugendliche zwischen 10 und 15 Jahren. Gesamturteil: allen hat es groooßen Spaß gemacht.
Auch hier freuen wir uns auf eine weitere Auflage im kommenden Jahr.
Das größte der Ereignisse in diesem Jahr jedoch war sicherlich das Event zum 175sten Jubiläum des TV-Wetzlar. Unsere Fechtabteilung zeigte sich bei strahlendem Sonnenschein und königsblauem Himmel ganz in Weiß. Unsere Fechtkleidung strahlte ganz besonders hell und zog neugierige Besucher gerade zu an. Kind und Kegel kamen, um am Aufwärmtraining mitzumachen, einer Mensurübung zu folgen, die richtige Degen- oder Säbelhaltung zu erfahren, auch auf der elektronischen Anzeige Stoßübungen zu probieren. Die Trainer und Trainerinnen der Fechtabteilung nahmen sich geduldig und engagiert der kleinen und großen Interessenten an und zeigten vieles von dem was Fechten ausmacht. So mancher konnte auf der Planche probieren und erfahren, wie nah Kondition und Koordination beieinander liegen. Auch konnte das Publikum richtige Turnieratmosphäre wahrnehmen. So lieferten sich die Altersklasse der Aktiven, Senioren und Veteranen richtige Gefechte. Mit kleinen Showeinlagen. Trotz der Tageshitze gaben die Fechter alles und versuchten natürlich keinen Treffer zu erhalten, dafür aber den Gegner zu treffen. Begleitet wurden einzelne Gefechte –auch hier ein Novum – von den Cheerleadern des FunTastic e.V., die ihre Power auf die Zuschauenden und Fechtenden mit ihrer Akrobatik übertrugen.
Dieses Sportereignis im Stadion mit den vielfältigen sportlichen Aktivitäten an diesem Tag zu begreifen und zu erfahren, der besonderen Möglichkeit für uns Fechter an die Öffentlichkeit zu kommen und zu zeigen was unseren Sport ausmacht, kann an dieser Stelle mit einem passenden Zitat von der sehr engagierten, ehemaligen Deutschen Meisterin im Degenfechten und Olympionikin, Imke Duplitzer, zusammengefasst werden:
„Das Faszinierende daran ist: Fechten ist wie dreidimensionales Schachspielen. Man muss so ein kleines Schlitzohr sein, ein bisschen Taschendieb, weil man links Radau machen muss, um dann rechts Treffer abzustauben. “Oder vereinfacht: Fechten vereint die ausdauernde Härte des Boxens mit der Eleganz und Ästhetik des Schachspiels.
Martin Zieher (13.11.22)
Bildquellen, wenn nicht anders angegeben, Martin Zieher